Warum ich die Kamera früher gemieden habe
Die Herausforderung der Selbstwahrnehmung: Lange Zeit konnte ich mich auf Fotos nicht anschauen, ich konnte mich kaum wiedererkennen. Wenn ich in den Spiegel blickte, habe ich jemanden gesehen, der ich zu sein glaubte – das war aber eine ganz andere Person, als auf den Fotos. Diese Diskrepanz zwischen meinem Spiegelbild und dem fotografischen Abbild war mehr als nur irritierend; sie war frustrierend. Besonders in meiner Jugend, als ich mit der Pubertätsakne zu kämpfen hatte, wurde jedes Foto zu einer Art stummen Anklage gegen mein Aussehen. Damals gab es noch nicht die hochentwickelten Bildbearbeitungstools, die wir heute nutzen können, um unsere Fotos zu verschönern und kleine Makel zu kaschieren. Jedes Bild fühlte sich an wie ein gnadenloses Urteil. Außerdem war ich nicht der Typ, der sich gern präsentierte. Das war doch peinlich – höchst unangenehm!
Mein Interesse an der Fotografie entpuppte sich als perfekte Tarnung – so konnte ich mich wunderbar hinter der Kamera verstecken und war trotzdem mitten im Geschehen. Ja, genau, mittendrin und doch irgendwie nicht dabei, wie der geheime Agent bei einer verdeckten Operation. Diese Rolle als Beobachterin kam mir unglaublich gelegen. Ich war überall dabei, konnte das Geschehen um mich herum festhalten, ohne selbst im Rampenlicht zu stehen.
Musste ich ja auch nicht! Social-Media war noch nicht erfunden und auch die Smartphones noch nicht. Es gab schlichtweg keinen Grund, mich dieser Herausforderung zu stellen.
In den 90ern fing ich an, mich mit Porträtfotografie zu beschäftigen. „Wie bringe ich jemanden dazu, natürlich zu posieren?“, eine grundlegende Frage, die jedes Mal im Mittelpunkt des Geschehens steht. Ich begann, mit willigen Freiwilligen zu experimentieren. Mit diesen „Freiwilligen“ führte ich Gespräche darüber, wie sie sich beim Fotografieren fühlen und wann sie sich vor der Kamera wirklich wohlfühlen. Was sich herausstellte, war ziemlich aufschlussreich: Je besser sie mich kannten und mich nicht mehr als Fremde wahrnahmen, desto entspannter wurden sie vor der Kamera. Und je gezielter ich sie durch das Shooting leitete, desto mehr trauten sie sich, sich einzubringen und einfach sie selbst zu sein. Entsprechend authentisch und natürlich waren dann auch die Ergebnisse.
Burnout und die Suche nach innerem Frieden
Der Wendepunkt in meiner fotografischen Laufbahn war mein Engagement in der Hochzeitsfotografie. Über Jahre hinweg begleitete ich als Fotografin Brautpaare an ihrem großen Tag. Diese Zeit lehrte mich, jeden einzelnen Moment zu schätzen und die Schönheit jedes Augenblicks einzufangen. Durch diese intensiven Erfahrungen entwickelte ich eine tiefere Empathie für die Menschen vor der Linse und lernte, sie so darzustellen, wie sie sich sahen bzw. an diesem einen Tag sehen wollten. Ein Punkt, der zuvor im Gespräch genauestens geklärt wurde.
Die Geburt meines zweiten Kindes brachte eine Wende, die ich nicht erwartet hatte.
Zuerst dachte ich, es wäre schlau, nicht wieder in das Angestelltenverhältnis zurückzugehen, sondern meine Berufung zu folgen und hauptberuflich zu fotografieren. Aber ehrlich gesagt, war ich zu diesem Zeitpunkt absolut überfahren von der Flut an Aufgaben, die sowohl auf eine Selbständige als auch auf eine (nicht mehr so junge) Mutter zweier kleiner Kinder zukommen.
Plötzlich fand ich mich am Rand eines Burnouts wieder. Ich war erschöpft, überfordert und verlor den Kontakt zu mir selbst.
Ein MBSR-Kurs (Mindfulness-Based Stress Reduction) wurde mein Rettungsanker. Durch Achtsamkeitstraining lernte ich, meine Verantwortung für mein eigenes Wohlbefinden anzuerkennen und mir selbst zu vergeben. Ein emotionaler Moment, der alles veränderte.
Der Schritt in die Online-Welt
Ich war dermaßen geflasht von dieser Achtsamkeitserfahrung, dass ich mit ganz vielen Menschen in meinem Umfeld über das Thema sprach. Als ich realisierte, dass mein Leben und auch das von meinen Gesprächspartnerinnen, vermutlich anders – einfacher – verlaufen wäre, wenn ich diese Techniken, die im MBSR-Kurs lernte, schon früher gekannt hätte, wollte ich alle missionieren, von denen ich glaubte, sie brauchen das jetzt.
Meine Kamera hing sozusagen am Nagel, ich bekam immer noch Schweißausbrüche und Bauchschmerzen, wenn ich sie nur ansah.
Also startete ich mein Online-Abenteuer mit Achtsamkeitsaufklärung. Das war, so unvorbereitet wie ich war, natürlich naiv und nicht besonders von Erfolg gekrönt. Ich hatte noch nicht einmal ein konkretes Angebot. Also buchte ich einen Mentor. Mit ihrer Hilfe fiel es mir eines Nachts, wie Schuppen von den Augen:
Meinen zukünftigen Kundinnen ging es wie mir. Sie wollten schlicht und einfach gar nicht vor die Kamera, mussten aber sichtbar werden. Und dann ging es los:
Vom scheuen Reh zur Rampensau?
Nicht wirklich!
Ich hatte die Expertise, herausragende Bilder zu machen. Ich musste ergründen, warum ich mich auf Bildern selbst nicht mochte und diese negativen Glaubenssätze auflösen. Das war einige Arbeit, die sich aber gelohnt hat. Daraufhin experimentierte ich mit verschieden Techniken, um mich selbst in Szene zu setzen. Es entwickelte sich ein Routine-Ablauf für die Selbstporträt-Sessions.
Und von hier an begann es mir Spaß zu machen. Ich hatte meine Passion gefunden, in dem ich Achtsamkeit mit Fotografie verband. Wenn ich mir einen Termin für ein Foto-Date mit mir selbst setze, habe ich Freude daran. Jederzeit kann ich auf einen Pool an eigenen Bildern zurückgreifen, die mir gefallen und die zum jeweiligen Kontext passen. Über die Vorteile eines solchen Pools werde ich noch einen extra Artikel schreiben.
Die Idee von kreativen Businessselfies
Logischerweise strickte ich daraus mein erstes Angebot. Bilder von dir sind für dein Online-Business unerlässlich. Ich habe für mich einen Weg gefunden, wie es Spaß machen kann, dieses Thema anzugehen, ohne dabei 1000e von Euro zu versenken. Ich gebe zu, es erfordert am Anfang etwas Überwindung, sich mit den Gründen des Versteckens auseinanderzusetzen. Aber hast du das einmal gemacht, dann ist die Fotosession einfach nur ein Bestandteil deines Business.
Wenn du wissen möchtest, wie du auch ein wenig aus deinem Schneckenhaus herauskommen kannst, um schönere Bilder von dir selbst zu machen, dann buche dir gleich einen Termin und lass uns mal reden – kostenlos und unverbindlich!
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Was für ein toller Beitrag und ein toller Weg, auch wenn es zu Beginn etwas ruckelig war. Aber manchmal müssen wir eben wachgerüttelt werden. Das Thema Sichbarkeit betrifft jeden. Spätestens wenn wir uns selbstständig machen. Ein Thema, das oft unterschätzt wird, an dem wir aber nicht vorbeikommen. Die Themen hinter dieser Angst finde ich besonders spannend. Danke für diesen schönen Beitrag und Deine Offenheit. Ich schaue, wenn ich wieder Zuhause bin, unbedingt auf Deine Seite.
Liebe Grüße,
Marita
Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich freue mich, wenn ich dich irgendwo zwischen Angst, Sichtbarkeit und tollen selbstgemachten Fotos abholen darf.
Tolle Geschichte, tolle Seite, danke dir!
Vielen Dank für den tollen Beitrag. Mir geht es genauso, ich verstecke mich lieber hinter meiner Kamera.
Ehrlich gesagt wurde es bei mir besser, als meine größte und gleichzeitig ungerechteste Kritikerin starb. Das war blöderweise meine Mutter. Das ist bedauerlich. Aber tatsächlich kann ich mich nun mit meinen Falten und grauen Haaren und ein paar Kilos zuviel auf den Rippen besser akzeptieren, als mein jüngeres Ich.
LG
Sabiene