Stell dir vor, du sitzt im Frühjahr 2021 mit deinen Freundinnen im Café. Ihr habt einen Tisch auf der Terrasse ergattert und genießt die ersten Sonnenstrahlen im Freien.
Da denkst du plötzlich an letztes Jahr, wo das alles nicht möglich war. Es entfaltet sich ein Gespräch über die Veränderung seit der Krise.
Erzwungener Abstand – Neue Nähe
Wenn ich zur Zeit des Lockdowns zum Einkaufen gehen musste, kam mir ein bisschen vor, wie damals, in der DDR. Ich bin dort aufgewachsen und da war es ganz normal, dass nicht immer alles verfügbar war. Ganz im Gegenteil, wenn es in einem Geschäft etwas zu kaufen gab, was eher selten über den Ladentisch rutschte, sagte einem der Nachbar Bescheid. Oder er hat es gleich mitgebracht. Diese Form von Solidarität beruhte auf dem Prinzip von Geben und Nehmen. Beim nächsten Mal haben wir an den Nachbarn gedacht.
Und heute – im Frühjahr 2021 – grüßen wir freundlich unsere Nachbarin, vielleicht vermissen wir ein wenig die Verbindlichkeit, die wir uns vor einem Jahr aufgebaut hatten. Aber vielleicht ist auch eine warme Beziehung entstanden, die ebenfalls auf einem Geben und Nehmen beruht. Ein Zusammenhalt, der leider oft erst in Krisensituationen entsteht. Wir können dankbar sein.
Achtsamkeit ist nicht mehr nur ein Schlagwort
Wir haben die Krise gemeinsam überstanden, sind uns in Freud und Leid beigestanden und haben durchgehalten. Das hat uns zusammengeschweißt. Dadurch, dass wir uns ans „Social Distancing“ gehalten haben, lernten wir, wer uns fehlt und wen wir eigentlich nicht vermisst haben. Deshalb ist unsere Energiebilanz ausgeglichener, weil wir uns auf die Menschen konzentrieren, die uns Kraft geben.
Wir sind auch flexibler im Umgang mit Veränderung geworden. Dem Mittelstand wurde herzkräftig vors Schienbein getreten und er ist nun in der Lage sich besser an neue Gegebenheiten anzupassen. Ein Glück für den, der es mit Galgenhumor tragen konnte. Die Unternehmen suchen sich neue Geschäftsmodelle – solche, die unabhängig von Wachstum sind. Es stellt sich nämlich die Frage nach dem Zweck von immer mehr Profit. Mittlerweile sind Lösungen gefragt, die sozial und ökologisch einzahlen. Es gehört heutzutage zur Etikette, achtsam miteinander umzugehen. Soziale Berufe und auch die des öffentlichen Dienstes werden wieder geschätzt und durch die neue Gesundheitsreform zunehmend besser bezahlt.
Hygiene wird (wirklich) großgeschrieben
Genau, wenn wir schon beim Thema Gesundheit und Pflege sind. Es gibt nun Konzepte, wie das Kaputt-Sparen im Gesundheitssystem bereinigt werden kann. Erste Stimmen fordern, dass Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen teilverstaatlicht werden, damit der Patient wieder im Mittelpunkt stehen kann und nicht dessen Portemonnaie.
Wir sprechen darüber, dass dann doch relativ schnell Medikamente gegen das Coronavirus entwickelt wurden und wir die Todesraten eindämmen konnten. Wir freuen uns darüber, dass Corona nunmehr ein normaler Virus geworden ist, mit dem wir leben und umgehen müssen. Das Hygienebewusstsein hat sich enorm verändert, mittlerweile ist es Gang und Gäbe, dass in Supermärkten die Griffe der Wägen desinfiziert werden. Überall stehen Spender zum Hände desinfizieren und sie werden ganz selbstverständlich benutzt.
Digitalisierung ist kein Thema mehr
Wir sitzen zusammen im Café mit unseren Freundinnen und jede steckt ihr Smartphone ganz selbstverständlich in die Handtasche. Wir verbringen diese Zeit bewusst gemeinsam. Wir haben gelernt, dass Social Contact viel wichtiger ist, als Social Media.
Endlich ist Homeoffice zu machen selbstverständlich geworden. Das Meeting mit den Kollegen in der Niederlassung wird per Videokonferenz geführt, denn es hat sich gezeigt, dass diese Art zu meeten, doch produktiv und sehr wohl auch praktisch ist. Obwohl sich da erst so viele mit Händen und Füßen gewehrt hatten. Das haben wir der Krise zu verdanken.
Die Online-Schulung ist zur Normalität geworden, Lehrer haben in Sachen Online-Teaching ihre Erfahrungen gemacht und können nun aus der Praxis heraus entscheiden, was davon sinnvoll eingesetzt werden kann. Es ist Selbstverständlich geworden, dass jeder kleine lokale Shop seine Waren im Netz zur Verfügung stellt. Einige Restaurants und Bars haben ihren Bestell- und Lieferservice beibehalten und damit ein zweites Standbein aufgebaut.
Der Klimawandel beschäftigt uns weiter
Dank des Lockdowns und des Meilensprungs der Digitalisierung konnte die Luftverschmutzung durch Motoren, Industrieanlagen und Kraftwerke deutlich verringert werden. Der Emissions-Wert stieg nach dem Lockdown zwar wieder an, aber nicht so stark wie erwartet, weil wir rechtzeitig gegengesteuert haben. Erstaunlicherweise haben wir aus der Corona-Krise gelernt und ziehen Parallelen zum Klima. Wir wissen, dass wir den Klimawandel nicht aufhalten können, aber wir können uns darauf vorbereiten.
Generell besinnen wir uns wieder stärker auf unsere lokalen Strukturen. Es wird vermehrt Wert auf regionale Erzeugnisse gelegt. Wir haben über den Nutzen der Eigenversorgung nachgedacht und viele sind dabei geblieben, ihr eigenes Gemüse im Garten oder auf dem Balkon zu ziehen.
Mit Ruhe und Gelassenheit
Wir sind froh, dass die Zeit des Lock-downs und Social Distancing vorüber ist. Das chinesische Zeichen für Krise setzt sich aus den Zeichen Gefahr und Chance zusammen. Wir sind herzlich froh, wieder mit unseren Lieben zusammensitzen zu können und möchten diese aufgezwungene Zeit der Entbehrung nie wieder erleben. Dennoch hat jeder von uns etwas für sich mitgenommen und hat seine Erfahrungen gemacht. Mir haben die regelmäßigen Meditationen geholfen, die stressigen Momente in der Familie, wenn alle zu Hause arbeiten und Schule haben, gut zu durchschiffen, ohne einen Nervenzusammenbruch zu erleiden.
Wie denkst du über Chance und Gefahr? Kannst du dich schon positiv ausrichten. Schreib es mir in die Kommentare!